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Farb Druck

3D Druck lernen. Das kannst auch du.

“Any customer can have a car painted any colour that he wants, so long as it is black.”

(Henry Ford, 1909)

Einführung

3D-Druck in Farbe ist so etwas wie der Heilige Gral des FDM-Verfahrens. Da das jeder lernen kann, möchte ich mich hier dem Thema widmen. Voraussetzungen für diesen Beitrag sind:

  • Beliebiger 3D-Drucker (z.B. Ender 3)
  • Druck mit einem Einfach-Extruder
  • Verwendung von PLA
  • Manuelle Filamentwechsel
  • Prusa Slicer als Programm der Wahl

Warum benutze ich Prusa Slicer und nicht ein anderes gängiges Programm wie Cura oder Slimplify3D? Die Antwort von George Mallory wäre sicherlich:”Because it's there!”.

Doch ich nutze den Slicer von Prusa vor allem deshalb, weil ich zum einen den Prusa MK3S besitze und zum anderen man mit dem Programm einen hohen Grad an Druck-Komplexität abbilden kann und trotzdem nicht so schnell den Überblick verliert, wie das bei anderen Programmen der Fall ist. Lasst euch darauf ein (und sei es nur für den Farbdruck), und ihr werdet es nicht bereuen!

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Rainer Schloßhan für seine großartige Unterstützung im Vorfeld bedanken!

Installation Prusa Slicer

Diese Schritte müsst ihr durchführen, um Prusa Slicer zu installieren und für einen Ender 3 einzurichten:

  • Ladet euch die aktuelle Version von Prusa Slicer für euer Betriebssystem hier herunter.
  • Entpackt die Dateien mit einem beliebigen Zielordner.
  • Startet nun das Programm.
  • Nun ladet ihr euch das Drucker-Profil für den Ender 3 hier herunter.
  • Und dann entpackt ihr die Datei für den Ender 3 mit der Endung .INI auf eurem Desktop.
  • Nun importiert ihr die Konfigurationsdatei.

Nun sind Prusa Slicer die Dimensionen und die Spezifikation des Druckers bekannt, und wir können zum nächsten Schritt übergehen.

Mehrfarbiges Einrichten

Mehrere einfache Schritte müssen durchgeführt werden, um eine Farbe hinzuzufügen:

  • Anzahl der Extruder muss gemäß der Anzahl von Farben unter “Printer Settings” erhöht werden.
  • Nun weist ihr jedem Extruder eine passende Farbe zu (Rot in unserem ersten Fall).
  • Im Anschluss schließt ihr das Fenster…
  • und begebt euch zum Fenster “Filament Settings”.
  • Dort wählt ihr ebenfalls die gleiche Farbe aus und speichert im Anschluss die Einstellung zum Filament unter einem sprechenden Namen ab.
  • Das Gleiche führt ihr nun für den zweiten Extruder durch, indem ihr diesem Weiß zuweist und die Einstellungen für das Filament wieder unter einem neuen sprechenden Namen abspeichert.
  • Jetzt geht ihr wieder zurück zur Übersicht (“Plater”) und weist auf der rechten Seite im Abschnitt “Filament” die entsprechenden Extruder-Filament-Kombinationen zu.

Damit sind die wichtigsten Schritte getan, und wir können damit beginnen, einen zweifarbigen Druck zu konfigurieren.

Laden der STL-Dateien

Ich habe als Beispiel ein ZIP-Archiv mit STL-Dateien vorbereitet, die man hier herunterladen kann. Diese Datei entpackt ihr und speichert die drei vorhandenen STL-Dateien auf eurem Desktop ab.

  • Drückt auf das Plus-Symbol in der Navigationsleiste der Hauptübersicht.
  • Im nächsten Fenster wählt ihr die drei entpackten STL-Dateien gleichzeitig aus, damit diese zusammen in den Slicer geladen werden.
  • Im folgenden Menüfenster bestätigt ihr mit “Ja”.

Nun ist das Modell vollständig geladen und kann für den Druck vorbereitet werden. Die einzelnen drei Bestandteiles des Objekts seht ihr auf der rechten Seite.

Zuweisen der Farben

Jedem Bestandteil des Objekts kann jetzt über die rechte Leiste ein Extruder bzw. eine Farbe zugewiesen werden.

  • Wähle “1” für “Base”.
  • Wähle “2” für “Letters” und “Border”.

Grundsätzlich ist man an dieser Stelle fertig. Sobald man “Slice now” drückt und die generierte G-Code-Datei auf einer SD-Karte ablegt, kann der Druck beginnen. Doch es gibt noch einige Unebenheiten, die wir richtigstellen müssen, damit der anschließende Druck auch so bequem wie möglich durchzuführen ist.

G-Code Einstellungen

Folgende Änderungen wollen wir vornehmen, bevor wir den ersten Druck wagen:

  1. Der eigentliche Filamentwechsel (“Tool Change”) muss mit einer M600-Anweisung ausgelöst werden.
  2. Man muss wissen, welches Filament zu welchem Zeitpunkt eingelegt werden muss.
  3. Während des Filamentwechsels wollen wir den Ventilator der Düse ausstellen, damit das beim Farbwechsel ausgestoßene Filament nicht auf das zu druckende Objekt “geblasen” wird.

Diese Punkte werden wir mit Hilfe von zusätzlichem G-Code ermöglichen. Der folgende Abschnitt im Prusa Slicer wird dafür verwendet:

Hier fügen wir den folgenden G-Code ein, den ich weiter unten erkläre. Damit es beim Kopieren des Codes keine Probleme mit der Formatierung bzw. der Zeichenkodierung gibt, bitte diese Text-Datei herunterladen und dieser den Code entnehmen.

; eliminate first tool change
{if previous_extruder != -1}

     ; color notification
     M117 Next color is{

           (filament_colour[next_extruder] == “#00FF00″ ? ” GREEN”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#FF0000″ ? ” RED”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#FFFF00″ ? ” YELLOW”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#0000FF” ? ” BLUE”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#FFFFFF” ? ” WHITE”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#000000″ ? ” BLACK”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#999999″ ? ” GRAY”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#D4AF37″ ? ” GOLD”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#C0C0C0″ ? ” SILVER”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#FFA500″ ? ” ORANGE”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#800080″ ? ” PURPLE”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#FF6600″ ? ” ORANGE”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#F0F0F0″ ? ” TRANSPARENT”
          :(filament_colour[next_extruder] == “#800000″ ? ” BROWN”
          :filament_colour[next_extruder]

          ))))))))))))))

     };

     M107; turn fan off

     M600; change tools

     M106; turn fan on

{endif}

Die erste Wenn-Bedingung stellt sicher, dass Prusa Slicer das erste Filament nicht gleich nach Beginn des Drucks noch einmal auswirft. Leider tut er das, ohne dass ich dafür eine Erkärung hätte.

Nun schreiben wir per M117 Code die Nachricht “Next color is ” in den G-Code, was später ausgelesen werden kann. Jede Farbe, die man zuvor pro Filament einstellt hat (Rot und Weiß in unserem Beispiel) muss hier als Hex-Farbcode und mit einer Bezeichnung vorliegen. Prusa Slicer arbeitet zwar mit RGB-Codes, diese können aber über dieses Tool in entsprechende Hex-Codes umgewandelt werden:

https://www.rgbtohex.net/

Es sind aktuell 14 Farben voreingestellt. Falls mehr benötigt werden sollten, kann man diesen Code beliebig ändern und weitere Zeilen hinzufügen (geschlossene Klammern und Leerzeichen vor der Farbbezeichnung nicht vergessen).

Bitte überprüft, dass die beiden Farben, Rot und Weiß, jeweils im Hex-Code “FF0000” und “FFFFFF” bzw. RGB-Code “255, 0, 0” und “255, 255, 255” vorliegen; das überprüft ihr im Slicer an der Stelle, wo ihr die Farbe ausgewählt habt.

Bevor ich nun mit M600 den Drucker auffordere, das Filament zu wechseln, stelle ich die Lüftung mit M107 aus und im Anschluss wieder an. Das verhindert, dass während einer M600 Operation das austretende, geschmolzene Filament vom Lüfter auf den Druck “geblasen” wird.

Ist dieser Code nun in den Abschnitt “Tool change G-code” kopiert worden, können wir uns dem nächsten Schritt widmen.

Wipe Tower ja oder nein

Ein sog. “Wipe Tower” kann genutzt werden, um Farbübergange zu steuern und zu verhindern, dass sich Farben auf dem Druckobjekt vermischen. Ein Wipe Tower wird genutzt, um die Druckerdüse von altem Filament zu befreien und neues Filament durchzuleiten. Übergänge können individuell gesteuert werden, so dass z.B. der Übergang von Weiß nach Schwarz eher kurz und der von Schwarz nach Weiß eher lang ist. Hier ein Bild eines Wipe Towers:

Die Vorteile eines Wipe Towers sind:

  • Farbübergange können pro Farbe individuell gesteuert werden.
  • Verringerung von manueller Arbeit.
  • Sicherstellen eines sauberen Druckbilds.

Die Nachteile können sein:

  • Zum Teil deutlich erhöhter Materialverbrauch durch Ausschuss.
  • Verlust von Druckraum, weil der Wipe Tower auf der Druckfläche Platz einnimmt.
  • Ebenfalls zum Teil deutliche Verlängerung der Druckzeit.

Ein Wipe Tower erreicht genau die Höhe, an der der letzte Farbwechsel stattfindet.

Meine (limitierte) Erfahrung mit dem Ender 3 ist jedoch, dass das Gerät beim Wechsel von sich aus relativ viel Material durch die Düse schiebt. Daher verzichte ich an dieser Stelle auf einen Wipe Tower und entferne hervorquellendes Filament per Hand vom Extruder.

Falls jedoch Interesse besteht, mit einem Wipe Tower zu experimentieren, so kann man diese hier aktivieren:

Letzte Einstellungen und los

Ihr kennt eure Drucker selbst am besten, doch hier noch eine Auflistung von Einstellungen, die mir beim farbigen Druck geholfen haben:

  • Reduziert die gesamte Geschwindigkeit erst einmal auf 40 mm/s.
  • Stellt den Rückzug für den Ender 3 auf 5 mm ein.
  • Ebenfalls ist ein Z-Hop von 0.6 mm oder mehr sinnvoll.
  • Startet mit einer generellen Schichthöhe von 0.15 mm bzw. 0.2 mm für die erste Schicht.
  • Ein “Skirt” kann bei Farbdrucken nicht schaden.

Außerdem ergibt es Sinn, unsere Druck um 180° um die y-Achse zu drehen, so dass der Schriftzug nach unten zeigt. Das hat den Vorteil, dass die sichtbare Seite des Objekts glatt wird und wir frühzeitig reagieren können, wenn es beim Filamentwechsel Probleme gibt und nicht erst gegen Ende des Drucks:

Nun könnt ihr “Slice now” betätigen und die G-Code-Datei exportieren.

 

Auslesen der Farbreihenfolge

Bislang ist die Reihenfolge der Filamentwechsel lediglich dem Slicer bekannt. Jedoch haben wir im vorherigen Kapitel die Farbanweisungen in den G-Code schreiben lassen, die wir nun auslesen können. Unter Windows benötigen wir dazu die Kommandozeile bzw. eine Batch-Datei, die diesen Befehl auf die Datei ausführt:

find /i “Next color is ” “C:\\.gcode”

Nun wird die Liste der Farbwechsel ausgegeben. Allerdings hat dies einen Wermutstropfen: Die Farbe des ersten Filaments wird hier nicht angezeigt. Diese müssen wir separat identifizieren, indem wir noch einmal einen Bild in den Prusa Slicer werfen.

Aktiviert hierzu vorübergehend den “Wipe Tower” (siehe oben) und drückt erneut “Slice now”. Nun wird der Wipe Tower angezeigt, der uns die erste Filamentfarbe verrät:

Die markierte äußerste Umrandung steht für die Farbe, die als erstes gedruckt wird. In unserem Fall ist das also Rot, und das sollte man sich ebenfalls notieren.

Praktisch bedeutet das mich, dass ich mir die Liste der Farbwechsel in eine Text-Datei kopiere und mir diese ausgedruckt neben den 3D-Drucker lege, um dem Skript Zeile für Zeile zu folgen. Das ist nicht schön, aber leider kenne ich aktuell keinen anderen Weg.

Für Anregungen benutzt bitte die Kommentarfunktion.

Ein letzter (wichtiger) Hinweis

Beim Filamentwechsel führt der Prusa Slicer einen Rückzug (“Retraction”) durch. Das ist sinnvoll, damit beim Wegfahren des Extruders keine unschönen Überreste auf dem unvollständigen Druck zurückgelassen werden. Leider macht Prusa Slicer diesen Rückzug jedoch nach dem Filamentwechsel vollständig rückgängig, so dass möglicherweise eine größere Menge Filament auf das Objekt gedrückt wird, was deutliche Spuren hinterlässt.

Sprich: Wir wollen den ersten Teil (Rückzug) zulassen, aber den zweiten (Rückgängigmachen des Rückzugs) verhindern.

Der Rückzug wird im Slicer hier grundsätzlich eingestellt:

Das erste markierte Feld ist die Geschwindigkeit, das zweite der Rückzug in mm für den Filamentwechsel. Nach diesen Angaben können wir nun mit einem Text-Editor im fertigen G-Code suchen und die vollständige Zeile ersatzlos löschen:

G1 E4.00000 F2100.00000

“E4.00000” steht für den eingestellten Rückzugswert von 4.0 mm, “F2100.00000” für die Geschwindigkeit von 35 mms/s (= 35 * 60). Falls ihr hier andere Werte angegeben habt, müsst ihr die Syntax der zu löschenden Zeile entsprechend anpassen.

Nun kann der Druck gestartet werden!

Abschließende Worte

Ja, Farbdruck ist anstrengend. Eine perfekte Lösung gibt es aktuell nicht, insbesondere dann, wenn man mit einer beliebigen Anzahl von Farben arbeiten möchte. Natürlich gibt es inzwischen technische Lösungen, allerdings hat jede dieser ihre Besonderheiten, Nachteile und Einschränkungen.

Ich hoffe, ich konnte euch etwas weiterhelfen und euch kreativ inspirieren. Farbdruck ist eine aufregende Welt und hat für mich das 3D-Drucken noch attraktiver gemacht. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, wenn man bereit ist, etwas Zeit zu investieren.

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, diesen Artikel zu lesen.

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